Tag 32
Ostern. Das erste Mal seit 25 Jahren, dass ich mit meiner Familie dieses Fest zuhause verbringe. In all der Zeit war der Ostersonntag immer ein wichtiger und sehr arbeitsintensiver Tag im Hotel. Heuer nicht. Bei strahlendem Sonnenschein läuft privat das volle Family-Programm ab. Versteckte Neste, selbst bemalte Eier (belege bei der familieninternen Competition Platz zwei von drei Teilnehmern das vierte Familienmitglied bildet per Videochat aus Wien die Jury), super Brunch. Fühlt sich sehr gut an, aber auch irgendwie eigenartig.
Während ich aus Verdauungsgründen wie so oft in den vergangenen Tagen im Garten im Kreise herumlaufe, spüre ich den Geist von Johann Wolfgang von Goethe im Nacken, der dereinst im ,,Osterspaziergang“ seinen Faust die Worte: ,,Ich höre schon des Dorfs Getümmel. Hier ist des Volkes wahrer Himmel. Zufrieden jauchzet Groß und Klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich‘s sein“ sagen lässt. Heute höre ich kein Jauchzen sondern nur das Gackern der offenbar wiederauferstandenen Hühner (siehe Tag 5 von meinem Tagebuch) vom benachbarten Bauernhof. Haben wohl mit Goethe nichts am Kamm die Viecher. Verständlich! Der gute Faust hatte auch keine Pandemie am Hals und konnte spazieren wie er wollte und sich herumtreiben, als ob es kein Morgen gäbe. Da kann es schon mal zu Neid-Ausbrüchen kommen. Obwohl, wenn ich es mir genau überlege hatte der Mann auch ein paar Sorgen. Eine verpfändete Seele und den Teufel im Nacken, ein uneheliches Kind, das von der naiven Geliebten umgebracht wird bergen schon auch einiges an hochexplosivem Zündstoff in sich. Tja, so hat halt jeder seine Probleme. Frohe Ostern trotzdem…