Tag 29
Was ich heute erlebt habe stellt alles in den Schatten, was ich je in meiner Heimat gesehen hatte. Beim Wochen-Einkauf in einem Großmarkt stehe ich - wie mittlerweile ja regelmäßig - in einer längeren Schlange, schön drei Meter von den Menschen um mir herum entfernt. Die Sonne an diesem ersten Sommertag in Meran brennt mir fast das Gehirn weg und ich trage neben meiner normalen Straßenkleidung paradoxerweise schwarze Damen-Lederhandschuhe, welche meine Gattin glücklicherweise im Auto vergessen hatte. Die Einweg-Dinger, die man jetzt überall an den Händen der Mitbürger sieht und die ich mir selbstverständlich auch in schickem Hoffnungs-Grün zugelegt habe sind nämlich leider zu Hause am Tisch vergessen worden. So bin ich froh vollkommen virensicher mit elegantem Lederhandschuh, Mundschutz, Sonnenbrille und Kopfbedeckung in der Nachmittagssonne stehen zu dürfen. In diesen Zeiten ist nichts absurd genug, um nicht jeden Tag selbstverständlicher zu werden. Freiluftsauna in Astronauten-Ausrüstung inklusive!
Und dann passiert es! Ein junges Mädchen - eine Angestellte des Supermarkts - nähert sich mir und drückt mir einen Zettel in die Hand, auf dem mit Großbuchstaben um Hilfe für Menschen gebeten wird, die jetzt durch die Corona-Krise ohne Arbeit und somit mittellos wären und zu verhungern drohten. Sie erklärt mir, dass jeder Einkäufer gebeten werde für bedürftige Menschen eine Kleinigkeit mit einzukaufen. ZU VERHUNGERN in Südtirol! Im Jahr 2020! Ich traute meinen verhüllten Augen und Ohren nicht. Als ich später - immer noch schwerstens geschockt - durch die Regale laufe und meinen Einkaufswagen auch für mir unbekannte Menschen fülle wird mir bewusst, wie gut es mir und meiner Familie trotz aller Probleme mit denen wir uns aktuell konfrontiert sehen noch geht. Es wird Zeit, dass sich dieses Virus endlich verpisst! Dafür, dass die Dinge dann wieder ins rechte Lot gerückt werden, dafür werden wir schon sorgen!