Von der hohen Kunst der Rhetorik: Ein englisch-italienischer Exkurs
Neulich bin ich Matteo Renzi begegnet. Es war am späten Abend und unsere Begegnung war - nun ja wie soll ich sagen - etwas eigenartig. Aber - und das möchte ich nicht ungesagt lassen - die Erfahrung war abenteuerlich, spannend und äh, durchaus auch lehrreich.
Und so verlief das Abenteuer: Nach getaner Arbeit vergönnte ich mir spät abends gerade noch einen kleinen Trip in die Welt des World Wide Webs, war genauer gesagt in den Niederungen des YouTube Kanals unterwegs als er plötzlich auf dem Bildschirm in meinem Büro erschien: Matteo, der italienische Ministerpräsident himself! Was für ein erhebender Moment! Was für ein Politiker! Welche Bühnenpräsenz! Obwohl er sich seines Blazers entledigt hatte und sein letzter Friseurbesuch offensichtlich auch schon ein paar Wochen her war, konnte der ehemalige Bürgermeister von Florenz nicht zuletzt auch mit seiner Eleganz punkten.
Und dann fing er an zu sprechen. Ich sage Ihnen: Es war ein unglaubliches Erlebnis!
Das einzige Problem: Ich verstand kaum ein Wort!
Matteo Renzi sprach englisch, oder zumindest eine Sprache die er für etwas Ähnliches wie Englisch hielt. Zunächst verdächtigte ich den Mann, dass er aufgrund seiner zweifelsohne umfassenden Bildung einen schottischen oder gälischen Dialekt verwendete, um Schotten oder Walisern gegenüber seine Sympathie in Zusammenhang mit deren Unabhängigkeits-Bestrebungen zum Ausdruck zu bringen.
Schnell aber kam ich zum Schluss, dass diese These doch etwas abenteuerlich wäre. Nein, Aussprache und Wortwahl Renzis mussten einfach einen simpleren Grund haben. Der von Renzi im Netz des Öfteren verwendete Satz: ,,It’s time to lunch“ nährte zudem den Verdacht, dass das Hungergefühl des Minister-Präsidenten auch sein Sprachvermögen angegriffen haben könnte. So nach dem Motto: Nimm einem Italiener seine Pasta und er brabbelt nur noch irritiert vor sich hin. Nein, aber so klischeebehaftet konnte die Sache auch nicht sein.
Nach einigem Grübeln kam ich schließlich zum Schluss, dass der Politiker schlicht und einfach kein Englisch konnte!
Eine unglaubliche Erkenntnis!
Zuerst erwog ich dieses neuerworbene Wissen aus Scham und falscher Höflichkeit für mich zu behalten, dann aber kam mir dieses Unterfangen in Anbetracht von bereits 1.521.492 Aufrufen des Videos doch unangebracht vor.
Ich beendete dann einfach den Abend und ging etwas früher zu Bett.
In der Nacht träumte ich, ich wäre Österreicher.
Vor dem Einschlafen hörte ich noch kurz:
The Parrots: ,,Los ninos sin miedo“
Nick Cave: ,,Skeleton tree“
Gonjasufi: ,,Callus“
Blaney: ,,Urban nature“
Beginner: ,,Advanced Chemistry“