Jovanotti: Einer von uns
Es ist so eine Sache mit dem Pop. Für mich als begeistertem Konzertbesucher ist es immer wieder erstaunlich wie unglaublich wichtig sich viele Künstler geben, wenn die Saallichter aus und die Scheinwerfer angehen. Das eigentliche Ziel, das Publikum einen Abend lang - wenn möglich natürlich künstlerisch hochwertig – einfach nur zu unterhalten, wird dabei oft aus den Augen verloren.
Allzu oft gibt es Pose statt Entspannung, Ego-Show statt massentauglichem Vergnügen.
(Pop)ulär ist das meistens nicht. Ausnahmen (Pete Doherty, Iggy Pop, Noel Gallagher…) bestätigen natürlich auch hier die popkulturelle Regel.
Einer von denen, die hingegen wissen, worum es in der Unterhaltungsbranche geht, ist die italienische Hip-Hop-Ikone ,,Lorenzo“ Jovanotti, jüngst zu Gast in Bozen.
Bunt, kitschig, laut, schrill, melodramatisch, … Jovanotti eben, so präsentierte sich der sympathische Mailänder vergangene Woche in der vollbesetzten Sporthalle.
Der südländische Derwisch rappte und sang, tanzte und sprang um sein Leben. Und das in einer Arena, die akustisch als einzige Katastrophe zu bewerten ist und das Musikvergnügen dementsprechend relativierte.
Sei’s drum, dachte sich offensichtlich der Barde, der Zweck musste an diesem Abend die Mittel heiligen.
Um Musik ging es unter diesen Umständen also erst in zweiter Hinsicht. Der Profi erkannte was Sache war und wusste zu reagieren. Im Vordergrund stand ein Künstler, der gemeinsam mit seiner 11köpfigen (!!!) Kapelle sein Publikum - was wohl? - ja, zu unterhalten wusste.
Business as usual eben!
Dazu gehörte ein bisschen Comicstrip, etwas Kabarett und großes Kino gewürzt mit comedia all’italiana.
Der Rap light von Jovanotti bildete einen (verzerrten) Soundtrack für seine publikumswirksame Selbstinszenierung. Spaß wurde garantiert und den hatte Jovanotti mit im Gepäck.
Auch ich fand das an diesem Abend gut, weil authentisch, sehr witzig, unglaublich aufwendig und in Anbetracht der Umstände auch notwendig. Und das von einem, der als musikalischer Zeitgenosse seiner deutschen Kollegen Falco (tot) und Fanta 4 (scheintot) eine musikalische Epoche begründet hat und auch nicht mehr zu den Allerjüngsten gehört.
Da sei es dem sanftmütigen Sänger sogar verziehen, wenn er während des Konzertes aufgrund einer ,,aufkommenden Erkältung“ (Originalzitat) sein fransenbesetztes Jäckchen überzog.
Schließlich sind wir ja in Italien!
Gute Besserung Lorenzo und : ,,Lass es weiter krachen“!
Ein Profi wie Du ist einer von uns!
MUSIKTIPP:
Außer Jovanotti höre ich nur einen einzigen italienischen Musiker:
Den unvergesslichen Adriano Celentano!
Für Neueinsteiger empfohlen sei diesbezüglich das Box-Set: Adriano (Best off)